Fragen und Antworten zum Thema Hausfrau

Wie ist das heutige Hausfrauenbild?

Schlecht! Sie gelten als Luxusweibchen, die zu faul zum arbeiten sind und den Staat um ihre Arbeitskraft prellen, denn ihre Arbeit gilt, weil sie oft unsichtbar ist, nicht als Arbeit; häufig übernehmen Frauen, die ihren Kindern zuliebe eine Zeit lang Hausfrau sind, den geringschätzigen Blick ihrer Umgebung auf sich. Aufgrund fehlender Anerkennung (nur 7 Prozent aller Hausfrauen fühlen sich von ihrer Umgebung anerkannt) ist ihr Selbstbewußtsein labiler als das von Erwerbstätigen, und das strahlen sie dann auch wieder aus. Typisch dafür ist der Satz: Ich bin nur Hausfrau.

 

Wie kommen Hausfrauen zu ihrem schlechten Image?

Durch die zunehmende Berufstätigkeit von Frauen, die dankenswerter Weise von der Emanzipationsbewegung erkämpft wurde, ist leider das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden: Von da an galt das Hausfrauendasein wie es so schön heißt, als unemanzipierter Fehlschlag einer persönlichen Biographie. Indem Frauen vermittelt wurde, daß sie diesselben beruflichen Möglichkeiten haben wie die Männer, wurde gleichzeitig die Arbeit zu Hause entwertet. Und unter inzwischen im Bewußtsein der Gesamtgesellschaft verankerten  Mißachtung leiden Hausfrauen bis heute. Ich selbst habe meiner Mutter früher auch vorgeworfen, daß sie ja gar nicht arbeitet. Weil alles, was sie tat, selbstverständlich war.

Die Arbeit von Hausfrauen sieht man eigentlich nur, wenn sie nicht getan wird.

Hinzu kommt als wichtiger Punkt, daß  die Erwerbsfixierung in unserer Gesellschaft inzwischen so groß, daß Arbeit, die nicht bezahlt wird, auch nicht gewürdigt wird. Das wird sich noch als teurer Irrtum erweisen, dann nämlich, wenn für jede Dienstleistung, die bisher noch unendgeldlich von Hausfrauenmüttern übernommen wird, bezahlt werden muß, weil alle an den Erwersarbeitsplatz gedrängt werden.

 

Ist eine Trendwende in Sicht?

Schwer zu sagen. Mit dem frisch ausgehandelten Elterngeld scheint auf den ersten Blick ein Schritt in die richtige Richtung getan zu sein, doch auf der anderen Seite ist das ja eher ein Entgeld für ausgefallene Erwerbsarbeit und das ganze Modell zielt auch eher darauf ab, Frauen möglichst schnell wieder an den Erwerbsarbeitsplatz zu bringen. Dafür spricht auch, daß Frau von der Leyen jetzt gesagt hat, daß sie die Zahl der Betreuungsplätze für die unter Dreijährigen bis zum Jahre 2008 verdreifachen will. Es ist sicherlich sinnvoll, Frauen, die möglichst schnell wieder arbeiten wollen oder müssen dafür endlich die entsprechende Infrastruktur mit ausreichenden Krippenplätzen zur Verfügung zu stellen, hoffentlich ist sie auch qualitativ hoch mit einem Betreuungsschlüssel der für so kleine Kinder angemessen ist.

Wichtig finde ich, daß trotz dieser Vorstöße die Wahlfreiheit erhalten bleibt, daß also die Frauen, die aufgrund einer stark ausgeprägten Bindung an ihr Kind eine längere Zeit zu hause bleiben wollen, dies auch können, ohne diskriminiert zu werden. Und da scheinen mit momentan die Weichen eher in die entgegengesetzte Richtung gestellt zu werden.

 

Was stellt man sich unter „Hausfrauenarbeit" vor?

Nur langweilige, öde, subalterne Arbeit – so etwas ähnliches wie einen Putzjob. Ein Beruf der untersten Kategorie, der nur manuelle Tätigkeiten wie Aufräumen, Einkaufen, Kochen Waschen zu beinhalten scheint. Ein absoluter Trugschluß, wie er falscher nicht sein könnte, denn eigentlich ist es, richtig aufgefaßt, der verantwortungsvollste Job überhaupt. Die Frauen sollten sich klar machen, dass sie es sind, die kleinen Kindern soziale Kompetenz und den vertrauensvollen Zugang zur Welt, deren Werte, Kultur und Traditionen vermitteln.

 

Was gehört noch dazu, ist aber in dem Begriff nicht enthalten?

Abgesehen davon, daß es die Hausfrauen sind, die für eine behagliche Atmosphäre zu Hause sorgen, den sicheren Hafen bieten, gehört dazu vor allem die emotionale und intellektuelle Begleitung aller Familienmitglieder, ständige Gesprächsbereitschaft, das Zuhören, Beraten und Schlichten von Streitigkeit – auf neudeutsch Moderieren und Coachen, also eigentlich das, was man auf dem Wirtschaftssektor als Managementaufgaben bezeichnen würde. Das findet aber in dem Begriff Hausfrau keinen Widerhall.

 

Warum empfinden Frauen die Familienarbeit als wertlos?

Weil es ihnen so eingeredet worden ist, weil sie um die gesellschaftliche Mißachtung der Hausfrauenarbeit wissen, sich diese selbst auch einreden und nicht in ihrer Rolle ruhen. Im Endeffekt kann das so weit gehen, daß eine Frau sobald sie sich voll in eine hausfrauliche Tätigkeit wie Kochen oder Backen hineinbegibt, eine fiese kleine Stimme im Kopf hat, die ihr suggeriert: Gott, wie banal, das ist doch nur Hausfrauenarbeit, eigentlich müßtest du jetzt etwas anderes machen. Durch diese „Eigentlich"-Gedanken wird die Befriedigung, die eine solche urweibliche Tätigkeit erzeugt werden könnte, sofort wieder zerstört. Leider gibt es eben für alle hausfraulichen Tätigkeiten, auch für die Erziehung von Kindern, so gut wie keine Anerkennung, und wir alle sind in einem gewissen Maße auf Anerkennung angewiesen, um das, was wir tun, als sinnvoll zu betrachten. Und, wie schon gesagt, wird Anerkennung heute meistens über Geld ausgedrückt, daher empfinden Erzieherinnen ihre Tätigkeit oft als sinnvoller als eine Frau, die zu Hause ihre Kinder erzieht, weil diese Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft im allgemeinen Bewußtsein einen höheren Wert hat. Als Hausfrau muß man lernen, Freude und Glück aus der eigenen Tätigkeit zu beziehen, sich selbst zu motivieren, und das fällt vielen schwer. Erwerbstätige Frauen bekommen mehr Impulse, auch durch die enge Verbindung mit Kollegen und entwickeln aufgrund des Geldverdienens ein anderes Selbstbewußtsein. Serotonin (der Wohlfühlbotenstoff) scheint auch mit beruflichem Erfolg zu steigen, während viele Haushaltspflichten nach Studien von Glücksforschern nur geringes Glückspotential bergen – nach dem Motto: Kein Geld, keine Anerkennung, aber dafür jede Menge Arbeit. Das kann auch zum Burnout führen.

 

Inwiefern „beschließen" Frauen, Hausfrau zu werden?

Die meisten Frauen beschließen es nicht, sondern schliddern in diese Rolle herein – auch weil sie ihr Leben nicht so planen und nicht so zielgerichtet wie Männer an ihr Leben herangehen. Die meisten denken vielleicht auch am Anfang, bevor sie ihr Kind zur Welt gebracht haben, sie könnten Beruf und Kind leichter unter einen Hut bringen. Später stellen sie fest, wie total sich ihr Leben mit einem kleinen Kind umkrempelt. Sie entdecken ihre intensive Liebe und Bindung an ihr Kind, glauben einem bestimmtes Mutterbild entsprechen zu müssen oder stellen ernüchtert die desolate Betreuungssituation für kleine Kinder fest und bleiben dann doch zu Hause. Ihr Mann, mit dem sie sich das die Kinderbetreuung vielleicht teilen wollten, macht gerade in dieser Zeit einen Karrieresprung und arbeitet mehr als vorher und zeigt wenig Neigung, sich an Haushalt und Erziehung zu beteiligen. Also bleibt im Endeffekt alles an der Hausfrau und Mutter hängen – teils aus eigener Neigung, teilweise aber auch wegen der Bequemlichkeit der Männer und fehlender Infrastruktur . Krass gesagt opfern viele Frauen ihre Karriere auf dem Altar männlicher Bequemlichkeit. Hinzu kommt ihre Erziehung – zumindest in der Generation der über 30jährigen – zu selbstloser Haltung, zu weiblichen Tugenden wie Sich und die eigenen Bedürfnisse hinten an zu stellen. Hier sind Frauen leicht ausnutzbar. Soziologen nennen dieses Phänomen „Zwangsaltruismus".

 

Warum wehren sie sich nicht gegen die Diskriminierung?

Weil sie es gewohnt sind. Weil ihr Selbstwertgefühl zu niedrig ist. Weil sie zu wenig Macht haben, keine Lobby. Weil es wenig Frauen gibt, die sich mit ihnen solidarisieren. Weil sie sich vielleicht doch schämen für ihre im Hausfrauensein gelebte zurückhaltende Weiblichkeit, die so völlig gegen den in den Medien verkündeten Trend ist, wo nur Schrilles, öffentlich Herausgekotztes eine Chance hat gehört zu werden. Vielleicht kann man das Selbstwertgefühl vieler Hausfrauen mit dem von Farbigen beispielsweise in den USA in den 60er Jahren vergleichen, es hat auch lange gedauert, bis sie aufgestanden sind. Es gibt bei uns zwar den  deutschen Hausfrauenbund, der sich für die Interessen derer, die einen Haushalt führen. einsetzt, aber wann hört man etwas von ihm?  Vielleicht gilt das Thema auch medial als nicht sexy genug.

 

Inwieweit lassen sich Job und Mutterschaft vereinbaren?

Kommt ganz auf den Job und die Frau selbst, ihren Mann, die Zahl der Kinder und die begleitenden Lebensumstände an. Viele Frauen schaffen es, beides zu vereinbaren, weil sie eine Mutter im Hintergrund haben, die ihnen die Kinder abnimmt und von der sie vor allem wissen, daß sie bei ihnen gut aufgehoben sind – was man von öffentlichen Betreuungs-Einrichtungen nicht immer behaupten kann. Es gibt in manchen, aber eben nicht in allen Berufen Halbtagslösungen – die allerdings der Frauenbewegung immer ein Dorn im Auge war, weil sie meinten, damit bleibe ja alles an der Frau hängen, was wohl auch so ist.

Ich glaube, daß das Nervenkostüm der Frau eine große Rolle spielt – wieviel kann und will sie sich zumuten? Wieweit leidet die Qualität der Kinderbetreuung unter ihrem Berufsstreß? Kann sie ihn zu Hause ablegen? Nicht in jedem Job geht das. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die angeblich so toll kompatiblen Jobs von zu Hause aus nicht immer ideal, weil sie bei ihnen keine gute Trennung vollziehen läßt – das Kind kommt herein, während Muttern am PC über einem komplizierten Problem brütet – das sind Konfliktsituationen, die oft nicht schön ablaufen und auf Seiten der Mutter für Schuldgefühle sorgen. Auch erwerbstätige Frauen leiden unter Schuldgefühlen – weil man es hierzulande als Frau, egal wie man es macht eigentlich immer nur falsch machen kann. Ideal finde ich, wenn man als Frau so viel verdienen kann, daß man sich eine Haushälterin, die liebevoll mit den Kindern umgeht, leisten kann, die einen also ersetzt. Oder wenn es öffentliche Kinderbetreuung auf einem qualitativ Niveau gibt, mit wirklich gut ausgebildeten Erziehern, sodaß man seine Kindern gern und entspannt dorthin geben möchte. Nötig wäre auch, daß von Seiten der Arbeitgeber noch mehr Verständnis für die Situation junger Mütter und Väter da wäre, daß wir sozusagen eine gesamtgesellschaftliche Kultur hätten, in der das Aufziehen von Kindern wirklich wichtig genommen würde und Eltern (das betrifft in erster Linie immer noch Mütter) auch emotionale Unterstützung für dieses Unterfangen gegeben würde. Das unterscheidet eben auch ein Land wie Schweden von uns – wo es einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die Bedeutung der Aufgabe, Kinder großzuziehen gibt. Davon sind wir hier , wie die gerade erschienene Unicef-Studie zeigt, noch meilenweit entfernt.

 

Frau zwischen Beruf und Familie: Eine gesellschaftliche „Errungenschaft"?

Ein Danaergeschenk, das Frau intelligent gestalten können muß. Vielleicht müßte es bereits Schulfach sein, sich mit der Frage des eigenen Lebensentwurfes auseinanderzusetzen. Und eigentlich müßte das eine Sache von beiden Geschlechtern, nicht nur von Frauen sondern auch von  Männern sein. Wenn die Männer in diesem Konfliktfeld ständen, wäre das Thema sicher schon längst gelöst, weil Männer gerne Dinge schnell einer Lösung zuführen, oft auf sehr pragmatischem Wege.

Der Wunsch vieler Frauen, Erwerbstätigkeit mit der Fürsorge für andere zu kombinieren und darin zu einer ausgewogenen Balance zu finden, macht Frauen zu Pionieren einer neuen Lebensweise und zu Expertinnen einer sozialen Praxis, auf die die Gesellschaft für ihren Fortbestand angewiesen ist. Jetzt geht es meines Erachtens darum, daß sich auch die Herren der Schöpfung etwas bewegen und in das Betreuungs-Vakuum einscheren, das durch die Berufstätigkeit der Frauen zwangsläufig entstanden ist. Mit anderen Worten: Männer könnten sich stärker um das Praktizieren sozialer Anteilnahme kümmern, sie könnten emotionalen Beziehungen und Fürsorge einen höheren Wert einräumen, während Hausfrauen selbstbewußter auftreten und ihre eigenen Bedürfnisse stärker wahrnehmen müßten.

Ideal wäre in Hinblick auf die innere Balance von Männern wie Frauen, daß sie in der Zeit, wo sie ihre Kinder großziehen, auf Halbtagstätigkeit zurückschrauben und die andere Hälfte der Zeit für Familie und Kinder da sein können. Das würde mit Sicherheit auch die Scheidungsraten bei uns reduzieren, die nämlich eine Spitze in den ersten Jahren nach Geburt eines Kindes aufweisen.

Die Mit-Übernahme von Erziehungs-Verantwortung durch die Männer würde auch das Leitbild des typischen Arbeitsnehmers, der ohne Brüche durch familiäre Pflichten durchs Leben geht verändern und etwas mehr in die Realität holen. Etwas allgemeiner gesagt: Individualität muß durch Bindungsfähigkeit balanciert werden – sonst entsteht der Eindruck die Gesellschaft bestünde nur aus gesunden, erwerbstätigen und jungen Erwachsenen, die niemals Kinder waren und niemals alt werden – aber das stimmt ja so nicht – wir sind ja keine voneinander isolierten Marktsubjekte sondern bleiben auch in der mrdernen Gesellschaft aufeinander angewiesen.

 

Job und Mutterdasein: Stress. „Nur" Hausfrauendasein: Finanzielle Unsicherheit. Gibt es Alternativen?

Um der finanziellen Unsicherheit bzw. Totalabhängigkeit vom Ehemann zu entgehen favorisiere ich ein sogenanntes Hausfrauengehalt, das die Leistungen die Hausfrauen für ihre Familien aber als Networkerinnen zwischen den Familien auch für die Gesellschaft als Ganzes erbringen, deutlich markiert. Schließlich erziehen sie die Leistungsträger von morgen, bringen ihnen ethisches Verhalten und Werte nahe, auf die die Gesellschaft angewiesen ist. Wirtschaftswissenschaftler, die sich inzwischen auch mit diesen Fragen befassen wissen wie wichtig diese Vorprägung ist – denn  jedes Unternehmen ist auf ehrliche, leistungsbereite, teamfähige Mitarbeiter angewiesen.

Daher kommt es, daß Ökonomen wie der amerikanische Nobelpreisträger Gary Becker, aber auch der renommierte Heidelberger Steuerexperte Paul Kirchhoff ein Hausfrauengehalt unterstützen – ebenso wie in jüngster Zeit der Kölner Kardinal Joachim Meisner. Wenn bei uns nur das etwas wert ist, was etwas kostet, wenn also aber Geld unser einziger Wertmaßstab ist, der Wert von Haus- und Erziehungsarbeit mittlerweile selbst von Volkswirten vorgerechnet wird, gibt es nur eine Schlussfolgerung: Diese Tätigkeit muss eben auch wie Erwerbsarbeit bezahlt werden!

Damit würden Frauen der finanziellen Abhängigkeit von ihrem Ehemann und der Altersarmut, die bei Hausfrauen aufgrund marginaler Rentenanspruch ein gravierendes Problem darstellt, entgehen. Gleichzeitig könnte man eine solche Bezahlung auch an eine Professionalisierung all der Bereiche koppeln, die zum Hausfrauenberuf dazugehören – von der Säuglings- und Kinderpflege, über Pädagogik, Psychologie, Hauswirtschaftskunde, Zeitmanagement, Moderation und Mediation, Networking, Event-Organisation, Finanzplanung etc etc. Hausfrau als Beruf würde dazu führen, daß Frauen die ihn ergreifen mehr in ihrer Rolle ruhen können, sie bewußter ausführen, ernster nehmen – zum Wohle der Kinder, von denen dann vielleicht auch wieder mehr geboren werden.

 

Warum entsteht der Eindruck, dass sich Frauen nur falsch verhalten können? (Rabenmütter oder Glucke)

Weil sich die beiden Lager dazu tendieren in unrealistische Extrempositionen zu manövrieren. Das hat damit zu tun, daß jede Seite ihren Lebensentwurf mit Zähnen und Klauen verteidigen muß, weil sie ja von anderen Frauen vorgelebt bekommt, daß es auch anders geht. Es ist eigentlich schade, daß die Wahloptionen der Frauen: Berufstätig und kinderlos, berufstätig mit Kind oder zu Hause mit Kind, nicht als Chance sondern mehr als potentiell verpaßte Gelegenheiten betrachtet werden. Es gibt nicht den einen richtigen Weg, und jede Frau muß letztlich den Weg wählen, der ihrem Naturell und ihrer Persönlichkeit entspricht. Frauen unterscheiden sich beispielsweise durchaus im Grade ihrer Emotionalität – daher kann das, was für die eine richtig ist, für die andere absolut falsch sein. Sich vergleichen – das weiß man aus der Psychologie – ist immer tödlich fürs Selbstbewußtsein.

Entscheidend scheint mir, daß Frauen den von ihr gewählten Weg (was voraussetzt, daß es eine freie Wahl ist) mit mehr Selbstbewußtsein gehen im Bewußtsein, daß es ihr ureigener Weg ist – ohne den von ihnen nicht gewählten Weg anderer Frauen herunterzumachen und das Gefühl zu haben, ihr Selbstwertgefühl leide darunter. Dann könnte sich ja angesichts unserer Familienministerin die überwiegende Mehrzahl aller deutschen Frauen erschießen –denn ein Vergleich mit ihr kann ja nur fatal enden.

 

Warum haben gerade Frauen füreinander wenig Verständnis?

Weil der Entwurf der anderen den eigenen potentiell in Frage stellt. Weil sie mehr miteinander konkurrieren – vielleicht liegt es ja auch daran, daß Wahloptionen für die Mehrheit der Frauen eine neue Errungenschaft ist und sie erst lernen müssen, damit umzugehen. Je geringe das Selbstbewußtsein, desto mehr muß projiziert und sich an anderen abreagiert werden.

 

Warum wird nur Erwerbstätigkeit als wichtig angesehen? Warum fehlt die Wertschätzung der Hausfrauenarbeit?

Wegen der fehlenden Bezahlung. Wenn man sich nämlich die Frage stellt. Was ist eigentlich Arbeit? Kommt man ganz schön ins Schleudern, weil viel mehr Tätigkeit Arbeit sind, als man denkt. Wenn Hausfrauen kochen, Partys organisieren, Hausaufgabenbetreuung machen, bei Problemstellungen zuhören und raten, kranke Familienmitglieder pflegen, Nachbarschaftshilfe leisten, so gilt dies nicht als Arbeit, obwohl die gleichen Tätigkeiten im öffentlichen Raum sehr wohl als Arbeit betrachtet werden – niemand würde auf die Idee verfallen, einer Krankenschwester, Erzieherin, einem Koch oder einer Event-Agentur abzusprechen, daß sie arbeiten.

Das hat zum einen damit zu tun, daß diese Menschen ihre Dienstleistung zu Markte tragen, öffentlich machen und dafür bezahlt werden. Übrigens finden zu Hause über 50 Prozent aller Dienstleistungen unserer Gesellschaft statt, ohne daß sie als Wertschöpfung in unser Bruttoinlandsprodukt eingehen. Beispiel: Wenn ein Mann seine Hemden in die Reinigung gibt, steigert er damit das Bruttoinlandsprodukt, läßt er sie aber zu Hause von seiner Frau waschen, schlägt diese Arbeit volkswirtschaftlich nicht zu Buche. Da sie zudem unsichtbar ion der häuslichen Privatsphäre stattfindet, nimmt keiner sie als solche wahr. Hausarbeit sieht man eben nur,. Wenn wie nicht gemacht ist.

Insofern hat unser enger Blick diese Leistungen zur Nicht-Arbeit gemacht, weil nach vorherrschender Meinung nur das, was auf dem Markt passiert wichtig ist, womit alle unendgeldlichen Tätigkeiten einer Hausfrau von der Haushaltsführung bis zum Zuhören und sich einlassen auf andere  - die sogenannte Beziehungsarbeit – gar nicht mehr mit Arbeit in Verbindung gebracht werden sondern abgewertet und für bedeutungslos erklärt werden. Ich halte das für einen schwerwiegenden Fehler – denn was nicht wertgeschätzt wird und in irgendeiner Form honoriert wird, wird irgendwann schwinden. Das heißt: wenn Hausfrauenarbeit nicht geschätzt wird und gleichzeitig von Seiten der Politik alles daran gesetzt wird, möglichst alle Frauen in die Erwerbsarbeit zu bringen (wo die Arbeitsplätze dafür herkommen sollen, ist mir noch etwas schleierhaft), dann heißt das doch, daß alle Leistungen, bezahlt werden, und zwar teuer. Rat gibt es dann nur noch vom Psychologen, denn die arbeitende Bevölkerung hat dafür keine Zeit und Energie mehr.

Es ist ja heute viel von Werteverfall die Rede und ich denke, hier, an der Keimzelle der Gesellschaft beginnt er, mit der Mißachtung der Leistungen von Hausfrauen als Gedöns. Ich glaube, wir brauchen heute ein neues Bewußtsein für die Bedeutung, die Kindererziehung für eine Gesellschaft hat.

 

Unter welchen Voraussetzungen werden Frauen im Hinblick auf ihre Rolle eine echte Wahlfreiheit haben?

Wenn sie sich vorher genau überlegen, was sie wollen. Die Gestaltung der eigenen Biographie fängt im Kopf an. Das heißt daß Frauen planvoller und im positiven Sinne ichbezogener an ihr Leben herangehen müssen – bei der Generation der heute 30-40jährigen scheint mir dies schon besser gelungen, die lassen sich nicht mehr so viel gefallen, sind selbstbewußt und lehren teilweise die Männer das Fürchten.

Wichtig wäre auch in den öffentlichen Institutionen eine Kinderbetreuung, die qualitativ so hoch ist, daß Frauen ihre Kinder dort mit gutem Gewissen abgeben können. Und die Männer müßten sich stärker in Richtung Beziehung und Fürsorge-Wahrnehmung bewegen. Vielleicht ist der in Schweden beschrittene Weg – der auch Nachteile hat – richtig, Männer in einem kontinuierlichen gesellschaftlichen Diskurs, an dem sich auch die Medien engagiert beteiligen an Kinder, Haus und Herd heranzuführen.

 

Wie können Frauen mehr Selbstbewusstsein entwickeln und mit sich ins Reine kommen?

Indem sie sich klarmachen was sie wollen. Indem sie darauf achten, was ihnen entspricht. Indem sie sich nicht so viel von anderen einreden lassen. Indem sie gucken, was sie glücklich macht und dafür kämpfen, so leben zu können, daß sie glücklich und erfüllt sind. Indem sie sich vielleicht dazu entschließen, sich bewußt eine erwerbsberufliche Auszeit zu gönnen, in der sie eine Zeit lang ihre weibliche Seite leben können und gucken, was da neues an Impulsen für sie kommt. Letztlich ist die Zeit, in der die Kinder aufwachsen eine Zeit, die nie zurückkehrt und es wäre doch eigentlich schade, sie nicht bewußt zu erleben und dies später vielleicht einmal zu bedauern.