„Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts“

Spannender Vortrag Björn Blochings beim 2. Neujahrsempfang

„Jede Sekunde werden zwei Milliarden Emails durch das Netz gejagt. Facebook bildet mit einer Milliarde Nutzern inzwischen nach China und Indien die größte Gemeinschaft!“ Mit diesen Zahlen leitete Club-Präsident Hans-Werner Rhein zum Referenten und Thema des diesjährigen Neujahrsempfangs über: Professor Björn Bloching, Leiter des internationalen Marketing & Sales von Roland Berger, referierte schwungvoll und mit aussagekräftigen Charts unterlegt spannende Passagen seines Buches „Data unser – wie Kundendaten die Wirtschaft revolutionieren.“

Der Saal war, wie man so schön sagt, gerammelt voll: Etwa 140 Gäste  waren der Abendeinladung am 23. Januar gefolgt und lauschten gebannt Blochings Ausführungen, die deutlich machten, wie gläsern wir alle längst sind.  Nie zuvor  in der Geschichte der Menschheit waren wir so datenfixiert wie heute, Datenwissen verdrängt Bauchgefühl , ja, „Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts“, glaubt der Ex-CEO von Xing, Stefan Groß-Selbeck. Und diese virtuelle Quelle wird von Großunternehmen mittlerweile mit viel Phantasie und Erfolg materialisiert.

Bei einer systematischen Kassenbon-Analyse stellte beispielsweise der US-Konzern Walmart fest, dass häufig Pampers und Bier gleichzeitig verkauft wurden, eine „implizite Belohnungsroutine“, die unbewusst  bei Männern ablief, die von ihren Frauen zum Windelkauf verdonnert worden waren. Was lag näher, als künftig Bier neben Pampers zu platzieren und damit den Bierumsatz zu steigern? Auch Kreditkartenfirmen kennen uns besser als wir uns selbst, so Bloching. Aus Billionen von Transaktionsdaten können sie inzwischen eine 80prozentige Prognose der Scheidungswahrscheinlichkeit (einem gefürchteten Bonitätsrisiko) abgeben!

Analyseprogramme finden heute heraus, wie Bilder unsere Entscheidungen beeinflussen, denn „ein gutes Bild kann denselben Effekt wie ein günstiger Zins haben“, erklärt Björn Bloching. So ergaben Tests, dass Fotos von US-Präsident Barack Obama mit seinen drei Frauen das Spendenverhalten enorm beflügelten –  viel mehr als ein Foto von ihm allein.

Großmärkte und Autohändler haben diese Kundendaten-Revolution  größtenteils verschlafen – sie wissen nichts über ihre Kunden. „Was passiert, wenn Google und Amazon anfangen, Autos zu vertreiben?“ Die rhetorische Frage steht im Raum. Und was passiert, wenn die Laufwege eines Konsumenten routinemäßig vermessen werden? Dann wird man ihn mühelos von den Papiertaschentüchern, vor denen er stehen bleibt, in die Medizinabteilung des Supermarktes lotsen können! „All das ist möglich“, versichert Bloching, „und es wird kommen!“

Auf Basis von Cookies und IP-Adressen lassen sich umfassende Online-Profile erstellen: Der US-Finanzdienstleister Capital One ordnet Kunden mit einem Klick ein und lotst sie sofort auf die Seite, die seinen persönlichen Präferenzen entsprechen. Und sie sind nicht die einzigen. „Hunderte von Unternehmen werten fast jeden Klick im Netz aus und die Nutzer sind machtlos“, sagt Björn Bloching. „Das Profiling ist in der Finanzbranche keine Ausnahme.“ Als vor zwei Jahren bekannt wurde, dass die Haspa psychologische Kundenprofile erstellt hatte, um ihre Produkte besser verkaufen zu können, schlugen Verbraucherschützer Alarm. „Wir können diese Entwicklung nicht aufhalten“, ist Björn Blochings Resümee, „wir können sie nur durch gute Techniken und Regularien eindämmen.“

Und er zitiert Lord McLaurin, Ex-CEO der britischen Supermarktkette Tesco: „What scares me about this is that you know more about my customers after three months than I know after 30 years.”

Bei Suppe und Häppchen wurden die Konsequenzen der Daten-Revolution für unser Leben und Verhalten im Netz von den Clubmitgliedern noch heftig diskutiert. Und Björn Blochings Buch “Data Unser” (Redline Verlag, 25 Euro) fand reißenden Absatz.

Catharina Aanderud

Erschienen in Hamburger Golf-Club e.V.  2014