Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?

Sie sind Erzieherin, Psychologin, Putzfrau, Ernährungsberaterin und Krankenschwester in Personalunion, 24 Stunden pro Tag verfügbar und flexibel einsetzbar: Hausfrauen und Mütter. Wie viele Exemplare dieser Spezies in deutschen Familien wirken ist nicht genau beziffert, laut Schätzungen arbeiten in Deutschland rund 12 Millionen Managerinnen „erfolgreicher kleiner Familienunternehmen“ 

 

 „Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?“ lautet der provokante Titel des Buches von Catharina Aanderud, in dem die Autorin, Hausfrau und Mutter für mehr gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit, die in der Familie geleistet wird, wirbt. In deutlichen Worten räumt sie auf mit dem Vorurteil, Hausfrauen würden sich einen gemütlichen Tag zu Hause machen und die größte körperliche Anstrengung wäre der tägliche Einkauf und der Gang zum Friseur.

 

Für KINDER traf sich Sandra-Valeska Bruhns mit der Autorin zu einem offenen Gespräch über das schlechte Image der Hausfrauen – einem Beruf ohne Lobby und Tarifvertrag.

 

Woher kam die Motivation für dieses Buch, mussten Sie sich Ihren Ärger über die mangelnde Anerkennung von der Seele schreiben?

Hausfrauen brauchen für ihre Tätigkeit öffentliche Anerkennung, denn im Kern halten sie durch ihre kostenlose Fürsorgearbeit unsere Gesellschaft zusammen. Doch Viele Frauen definieren sich lieber über ihren erlernten Beruf und würden sich nie als Hausfrau vorstellen, auch wenn sie nur wenige Stunden pro Woche berufstätig sind.  Jede andere Tätigkeit wird in den Vordergrund gestellt, denn nur Hausfrau zu sein, klingt nach gar nichts. Erziehungs- und Hausarbeit ist leider weitestgehend unsichtbar, man sieht man nur, wenn sie nicht gemacht wird.

 

Wie würden Sie die Rolle und Aufgaben einer Hausfrau definieren?

Ihr Hauptjob ist neben der Versorgung die emotionale und intellektuelle Begleitung der Familie, wozu ständige Gesprächsbereitschaft, Zuhören, Beraten, Unterstützen sowie das Schlichten von Streitigkeiten gehört. Das bedeutet einen hohen Einsatz von Zeit! Als Familienmanagerin sorgt sie außerdem für eine harmonische häusliche Atmosphäre, die den Familienmitgliedern einen sicheren Hafen bietet. Sie entpuppt sich dabei als Organisationstalent mit großer Flexibilität, hoher Belastbarkeit in Stresssituationen und als wirtschaftliches Genie – alles Anforderungen wie aus einer Stellenanzeige für Führungskräfte.

 

Hausfrau zu werden wird öffentlich als private Entscheidung angesehen, viele stellen sich den Tagesablauf gemütlich und selbstbestimmt vor, den Schlager im Ohr „Das bisschen Haushalt, ist doch kein Problem…“.

Hausfrauen erziehen die Kinder, prägen sie, geben ihnen unsere gesellschaftlichen Werte mit. Sie erziehen die Leistungsträger von morgen, damit ist unser Wirkungsbereich gar nicht so privat, wie er gerne dargestellt wird. Hier werden die Weichen für Sicherheit, Vertrauen, soziale Fähigkeiten und Arbeitsdisziplin gestellt. Damit leisten Hausfrauen hochwichtige Kulturarbeit! Daher ärgere ich mich oft über das schlechte Image, das Hausfrauen  in der Öffentlichkeit haben. Außerdem müssen sie in der Lage sein, sich ständig selbst zu motivieren, denn der Arbeitsplatz zu Hause erfüllt einen nicht mit reiner Freude. Keine angemessene Bezahlung, keine Anerkennung und jede Menge Arbeit sind die Hauptmerkmale dieses Jobs.

 

Was würde in unserer Gesellschaft ohne Hausfrauen nicht funktionieren?

Es würden viele informelle, kostenlose soziale Netzwerke zusammenbrechen, denn Frauen, die zu Hause arbeiten,  unterstützen sich gegenseitig, übernehmen oft auch noch die Kinder von Berufstätigen und sind darüber hinaus auch noch häufig ehrenamtlich aktiv. Sie sorgen dafür, daß Traditionen und Rituale weitergegeben werden, und das erfordert Zeit und Muße! Hausfrauen stellen eigentlich Inseln der Mitmenschlichkeit in einer kälter und kommerzieller werdenden Zeit dar.

 

Auch wenn die These derzeit unpopulär ist – ist es für die meisten Familien in unserer Gesellschaft  nicht ein großes Glück, wenn Mama überwiegend zu Hause ist?

Ja, natürlich, weil die Hausfrau ja den vollen Rundum-„Service“ bietet. Das kann aber auch eine gefährliche Gratwanderung sein: für die Familienmitglieder, die eventuell bequem und faul werden, denn „Mama macht ja alles für uns“, und für sie selbst, wenn sie  ihre eigenen Bedürfnisse ständig hinten an stellt und ausbrennt.

 

Die Hausfrauentätigkeit wird nicht vergütet, die meisten Frauen bekommen monatlich ihr Geld für Familie und Haushalt zugeteilt – warum ist es für Frauen so schwer, selbstbewusst das Geld zu verlangen, das ihnen zusteht?

Weil sie stärker als Männer zu genügsamer Bescheidenheit und Sparsamkeit erzogen wurden – in vielen von ihnen steckt immer noch das Aschenputtel, das für diese Tugenden belohnt wird, während Frauen, die auf Geld achten, Angst haben, als „geldgierig“ zu gelten. Aber in dem Moment, wo eine Frau ihre Erwerbstätigkeit aufgibt, um als Hausfrau für ihre Kinder zu sorgen, kann Geld für schnell zum Problem werden. Daher ist es wichtig, daß sie sich klar macht, daß ihre Arbeit zu Hause genauso viel wert ist wie das, was der Mann in seinem Beruf leistet – so sieht es übrigens auch der Gesetzgeber, wenn er die Haushaltsführung eine „gleichwertige Beitragsleistung zum Familienunterhalt“ nennt.

 

Warum wird über Geld für Hausfrauen nur verschämt gesprochen?

Professionelle Kinderbetreuung, Altenpflege oder Eventmanagement kosten selbstverständlich Geld. Von der Hausfrau wird jedoch erwartet, dass sie diese Tätigkeiten umsonst erledigt. Jungen Frauen, die vorher selbst erwerbstätig gewesen sind, fällt es oft sehr schwer das Einkommen des Mannes fortan als gemeinsames Geld zu sehen. Die Generation vor uns hatte es da viel leichter, weil Männer und Frauen beide die Arbeitsteilung in der Hausfrauenehe akzeptierten: Der eine ist für das Finanzielle, der andere für das Soziale zuständig.

 

Ist die Rolle der Haufrau für die Familie der Idealfall, oder eher ein bestmögliches Anpassen an die gesellschaftliche Situation?

Meine persönliche Idealvorstellung wäre, dass beide Eltern, während die Kinder klein sind, Teilzeit arbeiten, damit auch die Väter erleben, was Haushaltsführung bedeutet, und um der Mutter eine Aufgabe ihrer Berufstätigkeit zu ersparen. Aber auch danach sollte immer jemand zu Hause sein, wenn das Kind aus dem Kindergarten oder der Schule nach Hause kommt. Durch das Elterngeld kommt der Staat Müttern schon ein wenig entgegen. Doch für viele Mütter ist der Stress zwischen Teilzeitjob und Kindern nur schwer zu schaffen. Klingelt nachmittags auf dem Spielplatz das Handy, ergibt sich weder für die arbeitende Mutter, noch für den Arbeitgeber oder die Kinder eine zufrieden stellende Situation.

 

Was wird aus der Hausfrau, wenn die Kinder groß sind?

In den wenigsten Fällen finden die Frauen, die angesichts fehlender Infrastruktur für die Kinder nicht nur Karriereaussichten, sondern auch Verdienst und wirtschaftliche Unabhängigkeit aufgegeben haben, wieder Anschluss in ihrem ehemaligen Job, doch mit den über die Jahre antrainierten Fähigkeiten, die durchaus Management-Qualitäten sind, eröffnen sich häufig neue Berufsfelder in der Selbständigkeit. Besonders im sozialen Bereich, bei der Aquise oder auf dem Beratungs-Sektor – überall dort, wo es um die einfühlsame Kommunikation mit Menschen geht, haben Frauen gute Chancen.

 

Wie sollten Hausfrauen für Ihre Arbeit entlohnt werden?

Frauen sollten vom Staat ein Gehalt für ihren Dienst zu Hause bekommen. Sowohl Kurt Biedenkopf als auch Paul Kirchhoff haben laut darüber nachgedacht, doch es ist unpopulär, bei Frauen solche Begehrlichkeiten zu wecken. Aber ganz generell muß sich die Gesellschaft fragen, was ihr Fürsorge wert ist. Es muss ein stärkeres Bewusstsein für die Leistungen der Hausfrauen geweckt werden. Laut einer US-Studie ist die Arbeit einer Hausfrau jährlich 134.121 US-Dollar wert. Das ist natürlich eine unrealistische Maximalforderung, bietet aber einen Diskussionsansatz.

 

Catharina Aanderud

„Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?“

Hausfrau – die unterschätzte Familienmanagerin

ISBN 3466307201

14,95 Euro