Ein Gehalt für die Hausfrau - vom Staat!

Hausfrausein ist kein Nebenjob, kein Auslaufmodell, sondern ein Berufsbild, das endlich mal neu überdacht werden muss. Einschließlich einer angemessenen Bezahlung - das zumindest fordert Catharina Aanderud. Die Hamburger Autorin ist verheiratet und hat einen 15-jährigen Sohn.

JOURNAL: Der Titel Ihres Buches "Schatz, wie war Dein Tag auf dem Sofa?" lässt Böses ahnen. . .

CATHARINA AANDERUD: Ja, er soll auch provozieren. Einer Hausfrau wird in unserer Gesellschaft sehr oft vermittelt, dass das, was sie tut, keinerlei Bedeutung hat. Dabei sind es in erster Linie die Hausfrauen, die Werte vermitteln und letztlich auch die Leistungsträger von morgen erziehen.

JOURNAL: Was also muss passieren?

AANDERUD: In der Gesellschaft muss ein Umdenkungsprozess stattfinden - von einer überzogenen Erwerbsfixierung, die der Fürsorge für andere, wie eine Hausfrau sie leistet, keinen Wert mehr einräumt, zu einer Anerkennung dieser immer noch unentgeltlich erbrachten Leistung. Nach einer US-Studie müsste eine Hausfrau eigentlich rund 134 000 Euro pro Jahr verdienen, weil sie zehn Jobs parallel wahrnimmt.

JOURNAL: Das heißt: Hausfrauen sollten Ihrer Meinung nach bezahlt werden?

AANDERUD: Eindeutig ja! Da bei uns nur wertgeschätzt wird, was etwas kostet, ist das wohl die einzige Möglichkeit, die Arbeit einer Hausfrau als Familien-Managerin aufzuwerten und deutlich zu markieren, dass im Haushalt immerhin 50 Prozent aller Dienstleistungen erbracht werden, auf die unsere Gesellschaft zu ihrem Funktionieren angewiesen ist.

JOURNAL: Wer soll das bezahlen?

AANDERUD: Der Staat. Schließlich ist Kinderkriegen längst keine nur private Angelegenheit mehr - landauf landab wird ja über unsere schrumpfende Bevölkerung diskutiert und überlegt, wie man den Frauen mehr Anreize zum Kinder- kriegen geben kann. Allein durch mehr Kita-Plätze wird das nicht funktionieren, denn um Kinder in die Welt zu setzen, brauchen vor allem Frauen Sicherheit. Auch finanziell.

JOURNAL: Muss der Staat für alles aufkommen? Auch für meine private Lebensplanung?

AANDERUD: Dass Kinderkriegen längst zu einer öffentlichen Sache geworden ist, an der der Staat höchstes Interesse hat, sieht man doch auch an der Einführung des Elterngeldes! Um Kinder fit für die Wissensgesellschaft zu machen, brauchen wir neben besser ausgebildeten Erziehern auch hochmotivierte Mütter, die für das Aufziehen ihrer Kinder genügend Zeit, Energie und Ruhe aufbringen können.

JOURNAL: Ein Hausfrauengehalt vom Staat - ist das nicht ein bisschen naiv?

AANDERUD: Der Staat subventioniert Firmen, damit sie nicht ins Ausland abwandern. Die Investition in Bildung wird langfristig gesehen viel wichtiger sein. Ein Hausfrauen-Gehalt könnte an eine Professionalisierung all jener Bereiche gekoppelt sein, für die Hausfrauen als Familien-Managerinnen heute schon zuständig sind wie Psychologie, Pädagogik, Ernährungskunde, Gruppendynamik , Moderation, Motivation, Event-Organisation, Networking. Der Satz "Dafür hat der Staat kein Geld" sagt eigentlich: Dafür möchte er keins ausgeben. Alles ist eben eine Frage der Prioritäten und Werte. Letztlich ist es die Weigerung, Fürsorgearbeit anzuerkennen und angemessen zu bezahlen, die im Kern die Krise der Erwerbsgesellschaft ausmacht!

 

Hamburger Abendblatt von Heike Gätjen, 04.11.2006